Die Stärke des Jugendhaues Anholt

Die Arbeit in der offenen Jugendarbeit wird immer wichtiger, erklärt Reinhard Wolff, Leiter des Jugendhauses Anholt.
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15 Uhr, die Tür öffnet sich, jemand stapft die Treppe hoch. "Hallo Reinhard", begrüßt ein Kind den Leiter des Jugendhauses Anholt. Der Weg führt direkt in den großen Raum mit dem Billardtisch in der Mitte, hin zum Tablet, das unter anderem für die Kinder bereitsteht. Reinhard Wolff ist seit 1998 Leiter im Jugendhaus Anholt. Warum die Arbeit von ihm und seinen Kollegen auch in anderen Jugendhäusern immer wichtiger wird, erzählt er im BBV-Gespräch.
"Es ist ganz wichtig, dass Kinder einen Raum haben, wo keine großartigen Anforderungen gestellt werden", betont Reinhard Wolff. "Die Kinder können hierherkommen, ohne unter Druck zu stehen." Natürlich gebe es Regeln zu befolgen, ansonsten werde von den Kindern aber nichts verlangt, festes Tagesprogramm gibt es nicht.
Stärke des offenen Treffs
Seine Rolle sei, mit den Kindern in Kontakt zu treten, erklärt Reinhard Wolff, hin und wieder werde aber auch genau das Gegenteil von ihm verlangt. "Manchmal ist es wichtig als Sozialpädagoge, dass man sich zurück zieht", findet Wolff. Er sei natürlich für alle Kinder ansprechbar, müsse aber nicht immer von selbst auf die Kinder und Jugendlichen zugehen. "Das ist ja gerade die Stärke der Arbeit hier", findet er: "Wir sind immer da als Gesprächspartner, helfen aus." Und das bei Problemen in der Schule, mit den Eltern oder mit Freunden. Aber: "Kinder und Jugendliche wollen nicht, dass man ihnen auf die Pelle rückt", betont er.
Keine Macht über Kinder
Einrichtungen wie das Jugendhaus im Ortsteil von Isselburg würden immer wichtiger, findet Reinhard Wolff. Denn die psychischen Probleme, aber auch gesellschaftliche Probleme würden immer größer. Einrichtungen ohne Druck, wo nichts verlangt wird, seien da wichtig. Und mit Sozialarbeitern wie Reinhard Wolff und seinem Kollegen, Sozialpädagoge Lucas Mölder, gibt es Ansprechpartner, die möglicherweise eine andere Sichtweise bieten können – und gleichzeitig Personen sind, die keine direkte Macht über die Kinder haben. So sehe er es auch als seine Aufgabe, Toleranz zu vermitteln, gleichzeitig Geduld und Rücksicht. "Wir merken auch immer wieder, dass Kinder, die echt Probleme in der Schule haben, hier gar nicht so auffallen, weil sie nicht unter Druck stehen."
Der Treff sei schnell und unverbindlich. Immer wieder sind im Jugendhaus auch Jugendliche mit Migrationshintergrund oder Fluchtgeschichte. "Sie sind genauso willkommen wie alle anderen", betont Reinhard Wolff. Auch Sprachbarrieren seien unter den Kindern in der Regel kein großes Problem.
Besucher werden jünger
Was hat sich in der Jugendarbeit verändert? "Die Besucherinnen und Besucher sind jünger geworden", erzählt Reinhard Wolff. Waren zu Beginn junge Erwachsene bis Mitte 20 im Jugendhaus, seien die Besucher mittlerweile hauptsächlich zwischen 8 und 13 Jahren, stellt er fest. Pro Tag kommen etwa 10 bis 35 Besucher, sagt Reinhard Wolff. Viele kommen aber nicht regelmäßig. Etwa 50 Stammbesucher hat das Jugendhaus, diese kommen etwa ein- bis zweimal die Woche. Alle weiteren Kinder und Jugendlichen kommen sporadisch vorbei. Ab acht Jahren dürfen Kinder ins Jugendhaus kommen. Die Altersbegrenzung nach oben liegt rechtlich bei 27 Jahren. Derzeit seien die ältesten aber maximal 20 Jahre alt, stellt er fest. "Die Kinder sind teilweise schon sehr durchgetaktet, das merken wir auch", sagt Reinhard Wolff. Im Jugendhaus gibt es keine festen Pläne, was wann gemacht wird. Das können die Kinder selbst entscheiden. Immer mehr würden digitale Medien angefragt. Das Jugendhaus hat zwei Tablets, die sich die Kinder und Jugendliche für kurze Zeit ausleihen können. Auch die Spielekonsolen werden gut nachgefragt. Wenn die Kinder Fifa oder Mario Kart spielten, findet Reinhard Wolff das nicht so schlimm. "Die Spiele kann man zusammen spielen, auch wenn es am Bildschirm ist", sagt er. Das sei immer noch besser, als wenn sie zu Hause alleine auf einen Bildschirm schauen würden. Dabei achte er natürlich darauf, dass die Spiele dem Alter entsprechend seien.
Darts, Billard oder Tischtennis
Und regelmäßig sind dann doch noch die Klassiker gefragt. Darts werde ge rade sehr viel gespielt, aber auch Billard oder Tischtennis und -kicker. "Hier können sie das ausprobieren", erzählt er. Einen Billardtisch oder eine Darts scheibe haben schließlich nicht alle zu Hause. Derzeit gibt es außerdem zwei Gruppen, die von Ehrenamtlichen geleitet werden. In unregelmäßigen Abständen leiten die zwei Frauen je eine Kreativ- sowie eine Kochgruppe. Hier wurden Muttertagsgeschenke gebastelt, aber auch Weihnachtsschmuck, Weihnachtsplätzchen gebacken, aber auch alltägliche Gerichte gekocht. Dazu gibt es die regelmäßigen Ferienaktionen, bei denen dann ein festes Programm geplant ist, sie zusammen schwimmen fahren oder in den Movie Park gehen.
Text: Ann-Theres Langert/Foto: Sven Betz, Bocholter-Borkener Volksblatt vom 15. Mai 2025
