02.11.2025 22:15

Spärische Klänge beim Konzert für Chor und Orgel

Es war ein Programm wie geschaffen für Allerseelen. Domkantor Matthias Zangerle und der Kammerchor am Xantener Dom gastierten am 2. November 2025 in Anholt.

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"Pilgerfahrten" war der Titel des Konzertes, dass Zangerle und der von ihm vor drei Jahren gegründete Kammerchor gaben. Die Auswahl der Stücke unterstrich hervorragend die Stimmung des Tages. Ein Erlebnis auf hohem Niveau fernab von allem Kitsch.

Zu Beginn spiele Zangerle die "Fantasia Cormatica" von Jan Pieterszoon Sweelinck (1562 – 1621), der zur Komponistengröße der frühen Barockzeit zählte. Mit dem chromatischen Lamentobass und der darüber geführten Fuge gab Zangerle den Besuchern die Gelegenheit, in Ruhe anzukommen. Beim anschließenden "Kyrie" aus der Messe in a von Pompeo Canniciari (1670 - 1744) kamen die Stimmen des Kammerchores herrlich zum Ausdruck. Geradezu flehentlich riefen sie nach dem Erbarmen Gottes und erzeugten eine besondere Dichte. Besonders ausdrucksvoll gestaltete der Chor das fünfstimmige "So fahr ich hin" von Heinrich Schütz (1585 – 1672). Der Komponist beschreibt die Sehnsucht nach dem Tod als Weg zu Jesus Christus ausdrückt in Vertrauen darauf, dass Christus ins ewige Leben führt. Absolut tonrein, wunderschön und ohne künstlichen Pathos erklang das vielschichtige Stück des frühbarocken Meisters.

"Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren" ist der Lobgesang des greisen Simeon, der im kleinen Jesuskind den Messias erkennt. Ausgewogen sang der Chor in der Vertonung von Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809 – 1847) und steigerte sich, um der expressiven Melodik des Stückes einen intensiven Ausdruck zu geben. In den warmen und sanften Harmonien ruhten die Stimmen wunderbar in sich. Das war Mendelssohn-Bartholdy in Perfektion!

"Glücklich sind die, die aufrecht sind auf dem Weg, die im Gesetz des Herrn wandeln" ist die deutsche Übersetzung von "Beati quorum via integra est". Die sechsstimmige Motette des Iren Charles V. Stanford (1852 – 1924) war wie geschaffen für den "Anholter Dom". Die Kirche schien durch die schwebenden und sanften Klänge förmlich in warmes Licht getaucht zu sein. Zangerle führte seine Sängerinnen und Sänger mühelos durch die anspruchsvollen Passagen. Ein Genuss der Mystik zu lauschen!

Dem Chorblock folgte Zangerles Interpretation der Sonate in c-Moll von Felix Mendelssohn-Bartholdy an der Seifert-Orgel. Zangerle spielte die einzelnen fünf Sätze (Grave, Adagio, Allegro maestoso e vivace, Fuge) ausdrucksstark, nachdenklich, voller Emotion und Überzeugung. Deutlich hörbar ist der Einfluss, den die Musik Johann Sebastian Bach auf Mendelssohn-Bartholdy ausübte. Zangerle präsentierte den Klangreichtum der Anholter Orgel gekonnt.

In Hans Zimmers "The Da Vinci Code-Sakrileg" in der Bearbeitung von Anna Lapwood kam der orchestrale Orgelklang besonders zum Tragen. Zangerle spielte konzentriert-eindringlich; ein beeindruckender Klangteppich schwebte durch den Raum. Vom sanften Piano bis zum kräftigen Forte steigerte er sich, um zum Schluss scheinbar ins Nichts zu verschwinden. 

Der ganz im Stil der englischen Romantik gehaltene Chorsatz "Do not be afraid" von Philip Stopford (*1977) war nur vordergründig schlicht. "Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du gehört mir." Diesen Vers aus dem Buch Jesaja setzte der Chor hervorragend um: man fühlte sich vom tröstenden Klang getragen und sicher geborgen. Hohe Töne gelangen dem Sopran mühelos, ohne dabei zu forcieren.

Die Komposition "Good Night, dear Heart" führte mit seinen sphärischen Klängen nahtlos den Wohlfühl-Moment fort. Mit einem gehauchten "Good Night" endete das betrachtende Stück des Amerikaners Dan Forrest (* 1978). Eine beeindruckende Leistung der Sängerinnen und Sänger.

Der "Pilgerchor" aus Richard Wagners Oper Tannhäuser ist ein berühmtes Chormotiv, das von Franz Liszt für Orgel bearbeitet wurde, um die Popularität von Wagners Musik auch auf anderen Instrumenten und in neuen Kontexten zu verbreiten. Zangerle zog hier alle Register seines Könnens und bot das technisch sehr anspruchsvolle Stück formvollendet dar: die langsamen und hymnenhafte Hauptmotive mit ausdrucksvollem und getragenem Charakter wurden ebenso wie die temporeichen, virtuosen und arpeggierten Klänge sauber herausgearbeitet. Vom zarten Piano am Anfang baute Zangerle es schnell zum vollen Klang auf. In verklärter Stimmung stand der Schluss, der nach und nach bis fast im pianissimo zurückging.

"Herr Zangerle, unsere Freude war riesengroß, Sie zu hören. Liebe Sängerinnen und Sänger des Kammerchores aus Xanten: Sie haben diese Kirche voll mit Ihren Stimmen ausgefüllt. Und dafür gilt Ihnen unsere Bewunderung",  befand Antje Jolink am Schluss. Die über 70 Besucherinnen und Besucher waren der gleichen Meinung und spendeten langen Applaus für ein grandioses Konzert.