Glanzvoller Abschluss des Konzertjahres
Mit einem eindrucksvollen Orgelkonzert von Jörg Schreiner im Schein der Weihnachtsbäume und Kerzen ging am letzten Sonntag das Konzertjahr 2025 in Anholt zu Ende.
[In der Blog-Übersicht wird hier ein Weiterlesen-Link angezeigt]
Organist Jörg Schreiner verstand es, mit einem facettenreichen Programm die Orgel als vielseitiges Konzertinstrument erlebbar zu machen. Mit sicherem Stilgefühl, präziser Technik und feinem Gespür für die klanglichen Möglichkeiten der Orgel prägte er den musikalischen Eindruck auf überzeugende Weise. Am Beginn stand die Toccata "Allein Gott in der Höh" von Aivars Kalajs, die sich zunächst beinahe scheu und zurückhaltend entfaltete. Ganz leise beginnend, steigerte sich die Musik von Strophe zu Strophe, gewann an Kraft und Strahlkraft und führte so eindrucksvoll von der inneren Sammlung hin zu festlicher Größe.
Die canonischen Veränderungen über den Choral "Vom Himmel hoch, da komm ich her" von Johann Sebastian Bach folgten. Die fünf Sätze interpretierte Schreiner mal perlend leicht, mal würdig aber immer durchsichtig und klar sowie mit großer Präzision und musikalischer Durchdringung. Bach wurde hier als genialer Meister der Komposition hörbar.
Bei der "Scène pastorale" von Louis Lefébure-Wély zeichnete Schreiner ein lebendiges Klangbild: Eine Hirtenszene, in der musiziert und getanzt wird, unbeschwert und idyllisch. Doch schon bald liegt Spannung in der Luft – aus der Ferne kündigt sich ein Gewitter an. Dieses bricht schließlich mit voller Wucht los, begleitet von dramatischen Klangballungen und heftigem Donner. Ebenso plastisch wie der Sturm dargestellt wurde, war auch sein Abzug: Die Musik beruhigt sich, der Himmel klärt sich, die Nachtigall meldet sich mit ihrem Gesang und die Hirtenflöte nimmt den Reigen wieder auf. Ein musikalischer Kreislauf von Bedrohung und Frieden, eindrucksvoll erzählt. Gerade dieses Stück überzeugte durch seine erzählerische Kraft, die Fähigkeit, Szenen und Stimmungen plastisch hörbar zu machen, und durch eine musikalische Dramaturgie, die das Publikum von der stillen Andacht bis zur festlichen Freude mitnahm.
Die "Sechs Weihnachtsfantasien" (über die Lieder "Kommet ihr Hirten", "Quem pastores laudavere", "Stille Nacht, heilige Nacht", "Vom Himmel hoch", "Es ist ein Ros entsprungen" und "In dulci jubilo") der niederländischen Komponistin Margaretha Catharina de Jong setzte Schreiner mit farbenreicher Harmonik und feinsinniger Registrierung gekonnt um und präsentierte sie sehr facettenreich: mal innig und zart, mal fröhlich und tänzerisch – stets dem Charakter der zugrunde liegenden Lieder verpflichtet. Diese wechselnden Stimmungen machten den besonderen Reiz dieses Zyklus aus.
Einen spannenden Kontrast bot schließlich die "Christmas pastorale" des US-amerikanischen Komponisten James Hotchkiss Rogers, deren lyrischer Ton und klare melodische Linien dem Konzert eine weitere stilistische Facette hinzufügten.
In "Bethlehem" vom Dänen Otto Malling begann alles mit schlichter Hirtenmusik, die eine ruhige, erwartungsvolle Atmosphäre schuf. Der Schluss mit "Stille Nacht" im Tutti wirkte wie ein gemeinsames Innehalten und rundete das Werk feierlich ab.
Mit der "Weihnacht in der alten Marienkirche" von Feliks Nowowiejski gab Schreiner dem Publikum ein Beispiel der spätromantischen Klangwelt osteuropäischer Orgelmusik. Auch hier malte er besonders bildhaft und imposant: Ein imitiertes Glockengeläut ging allmählich in ein feierliches Orgelspiel – der Gottesdienst begann. Was folgte, glich einem vertonten Weihnachtsevangelium. Pastorale Klänge, Anklänge an Schalmei und Harfe ließen die Weihnachtsgeschichte lebendig werden. Immer wieder hatte man das Gefühl, bekannte Motive wiederzuerkennen; besonders die Zeile "..erscheint auf der Weide ein Bote der Freude" (aus dem Weihnachtslied "O selige Nacht") schien auf und fügte sich stimmig in das Gesamtbild ein. Besonders nachhaltig war dabei die kraftvolle Dramaturgie. Ein würdiges Schlussstück für ein großartiges Konzert. Das Publikum dankte es ihm mit langanhaltendem Applaus und großer Anerkennung.
Besondere Erwähnung verdient Andrea Wesendonk, die an der Orgel als Registrantin assistierte. Mit hoher Konzentration sorgte sie unauffällig, aber unverzichtbar dafür, dass die dynamischen und farblichen Nuancen des Orgelspiels voll zur Geltung kamen. Angesichts der vielen Registerwechsel war dies eine anspruchsvolle Aufgabe, die sie souverän meisterte – ein großes Lob für diese oft übersehene, hier aber enorm wichtige Leistung im Hintergrund.
Gemeinsam stießen alle nach dem Konzert mit einem "Orgeltraum", einem "Winterzauber" oder einem "Weinselig" auf das ein gutes neues Jahr mit weiteren musikalischen Höhepunkten an.